CeBIT 2013 - Wir waren dabei!
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Die CeBIT befindet sich nun schon seit Jahren im Wandel. Aus Sicht der Redaktion eines Online-Magazins mit einer Spezialisierung auf klassische PC-Hardware bedeutet dies vor allem einen zunehmenden Schwund an Ausstellern und echten Neuheiten. Zusätzlich ist eine fortschreitend nüchternere Präsentation der einzelnen Produktpaletten bis hin zum völligen Rückzug eines Teils der Aussteller zu konstatieren. Teilweise beschränkte sich die Messepräsenz nicht nur auf den für normale Besucher nicht zugänglichen Planet Reseller in Halle 15, sondern ausschließlich auf den sich selbst für die Presse nur mit einem Termin öffnenden, abgesonderten Business-Bereich in Halle 17.
Dabei scheinen viele Hersteller vor allem eins zu vergessen: Wer den klassischen PC weiterhin als Lifestyleprodukt und gegen die wachsende Konkurrenz aus dem Bereich der Konsolen und Gaming-Notebooks als Leitplattform vermarkten möchte, dem obliegt vor allem eine Aufgabe: Das Schüren von Emotionen. Und Emotionen schürt man nur unzureichend innerhalb des Kreises eines sehr begrenzten Fachpublikums, sondern vor allem dadurch, dass man sich allen Interessenten, Besuchern und somit auch Laien auf der Messe öffnet: Gerade diese Besucher aus reiner Neugier sind es, die die Emotion, Begeisterung und Leidenschaft aus den Hallen der Messe in ihre Lebenswelt hinaustragen und verbreiten - dies schafft weder ein Anbieter von Komplettsystemen als potentieller Handelspartner, noch der Fachredakteur eines Magazins aus dem Print- oder Online-Bereich. Und schließlich erreicht man den deutschen und europäischen Markt - seit jeher eine Bastion klassischer PCs - nicht auf der CES in Las Vegas, sondern viel unmittelbarer auf der CeBIT in Hannover.
Daher lautet mein persönliches Plädoyer an die Hersteller zum Abschluss dieses Vorwortes: Lasst die Messe nicht sterben oder zu einer bloßen Kontaktbörse der Fachbesucher mit Zugang zu abgesperrten Bereichen werden, denn damit vergebt ihr eine viel unmittelbarere Möglichkeit, jene Besucher zu erreichen, die die Kunde eurer Produkte, eure Stärken und die Ergebnisse eurer Mühen weitaus effizienter in die Welt hinaustragen, als es Werbeanzeigen, Facebook oder gesichtsloses product placement jemals vermögen. Dass das immer noch funktioniert, zeigten vor allem die publikumswirksam inszenierten Standaufbauten von Enermax und ASRock - hier konnte man wie gewohnt die Blicke vieler (leuchtenden) Augen auf sich ziehen und bot hübsche Messehostessen und eine Overclocking-Show sowie die komplette Halle 23 mit den Intel Extreme Masters. Was es genau an Neuigkeiten zu sehen gab, zeigen wir auf den folgenden Seiten.
Gehäuse
Im Bereich der PC-Gehäuse konnten wir auf insgesamt vier Ständen neue Produktlinien erspähen: Enermax zeigte mit dem Fulmo ST den „kleinen“ Bruder des GT sowie mit dem Coenus und Coenus ST zwei laut Hersteller günstigere Gehäuse mit jeweils einem 200 mm Frontlüfter.
Eine komplett neue Serie stellte auch Cooler Master im abgeschotteten, aber sich uns auf die freundliche Einladung des Herstellers hin öffnenden Business-Bereich vor: Die sich an preisbewusste Kunden richtende N-Serie (N200 bis N600) reicht vom M-ATX-Tower bis zum regulären ATX-Gehäuse in verschiedenen Größenklassen und sticht vor allem durch zahlreiche Möglichkeiten zur Anbringung von Lüftern sowie jeweils mindestens einem, größtenteils jedoch zwei 240 mm Radiatoren hervor.
Inter-Tech wartete ebenfalls mit einem großen Messestand auf und stellte so ziemlich das komplette Produktportfolio zur Schau - darunter neuerdings auch eine ganze Reihe von silbernen und schwarzen ITX-Gehäusen aus sehr dickem Aluminium in gebürsteter Oberflächenoptik, die einen sehr hochwertigen Eindruck hinterließen.
Schließlich konnten wir bei Fractal Design noch einen Blick auf das neue Arc Midi R2 mit Sichtfenster werfen, dessen mutmaßlich guter Luftstrom durch einen kunstvoll bearbeiteten Eisblock am Stand nachdrücklich unterstrichen werden sollte.
ASUS zeigte ein brachiales Gamer-Gehäuse der ROG-Reihe, das jedoch wohl leider ausschließlich Käufern des Tytan CG8890 Gaming-PCs vorbehalten sein wird – schade, denn solch außergewöhnliche Stücke könnten sicherlich auch auf viel Gegenliebe in der Selbstbau-Szene stoßen, wobei das Gehäuse an sich nahezu einen „all-in-one-mod“ darstellt.
Lüfter, CPU- und VGA-Kühler
Viel Neues gab es im Segment „Kühlung“ zu sehen - sowohl in Form klassischer Luftkühler, als auch von den sich zunehmender Beliebtheit erfreuenden Kompaktwasserkühlungen, und schließlich keimte auch etwas Hoffnung auf ein größeres Angebot an alternativen Kühlkörpern für die Grafikkarten auf.
Enermax zeigte neben einer Erweiterung aktueller Lüfterserien um Modelle mit der neuen APS-Funktion (dabei kann die Maximaldrehzahl mittels eines Schalters in drei Stufen festgelegt werden) neue, lackierte Versionen des ETS-T40 sowie eine überarbeitete Version der Komplettwasserkühlung mit 120mm Radiator, die künftig über eine optimierte Bodenplatte aus der eigenen technischen Entwicklungsabteilung verfügen wird.
Bei Cooler Master gab es neben dem JetFlo 120 Lüfter mit entkoppelndem Rahmen mit dem TPC 612 eine „kleine“ Variante des vom TPC 800 bekannten Hybrid-Kühlerprinzips (basierend auf einer Kombination aus Heatpipes und Vapor Chamber) zu sehen und vor allem den neuen Platzhirsch unter den eigenen Luftkühlern: Den riesigen, schweren und vermutlich sehr leistungsfähigen V8 GTS. Beeindruckend war auch ein Demonstrationsaufbau durch die hauseigene Bastellegende René Grau zur Visualisierung der Leistungsfähigkeit der Pumpe in der neuen Eisberg Prestige 240L Kompaktwasserkühlung im Vergleich zu einem ungenannten Konkurrenzmodell – die Kühlflüssigkeit konnte hier innerhalb weniger Minuten bis zum Überlaufventil hochgepumpt werden, während der Füllstand in der Röhre für das Konkurrenzmodell im unteren Drittel stehenblieb.
GELID zeigte mit dem "The Black Edition" einen neuen Twin-Tower-Kühler mit einem nur 15mm schmalem Frontlüfter, um eine Kollision mit dem RAM-Steckplätzen auf dem Mainboard unterbinden zu können, und mit dem SlimHero das eigene Modell für den Einsatz in Mini-Systemen.
Mit einem kompletten Aufgebot an Tower-Kühlern war Thermaltake angereist und präsentierte mit den Nic-Kühlern der gehobeneren C- sowie darunter anzusiedelnden F-Reihe Produkte aus einer weitgehend einheitlichen Designreihe in unterschiedlichen Leistungsklassen.
Einen ganzen Berg an Neuigkeiten hatte Alpenföhn auf das Messegelände gekarrt und präsentierte neben dem neuen Wingboost 2 Lüfter eine leicht geänderte Version des Groß Clock’ner (Rev. C), die neuen und gegenüber den Vorgängermodellen leistungsfähigeren Brocken 2 und Himalaya 2, den sehr flachen und kleinen Silvretta sowie als Evolutionsstufe des bekanntermaßen leistungsstarken VGA-Kühlers den Alpenföhn Peter 2, der mit geändertem Heatpipe-Design und geringerer Gesamtlänge die Kühlleistung des Vorgängers sogar trotz der platzsparenderen Ausmaße noch einmal leicht überbieten soll.
Eine Alternative dazu könnte demnächst Deepcool mit dem neuen Dracula bieten: Bei dem von uns abgelichteten Exemplar handelt es sich noch um ein Vorserienmodell im Prototypenstatus, das zusammen mit den neuen Lüftern problemlos dafür sorgen können soll, dass aktuelle High-End-Grafikkarten einen kühlen Kopf bewahren (leidglich zu NVidias GTX 680 Modellen im Referenzdesign soll keine Kompatibilität bestehen; zu allen davon abweichenden Ausführungen – und das sind mittlerweile die meisten Modelle - hingegen schon).
Mainboards und Netzteile
Bei den Mainboards herrschte zunächst große Aufregung: Zwar gab es auf der CeBIT bereits einige neue Modelle mit Intels 8er-Chipsatz (Z, H und auch B) für kommende Haswell-CPUs zu sehen, jedoch waren ein Teil der ausgestellten Mainboards auf Einwirken von Intel bereits am Mittwoch wieder aus den Schaukästen verschwunden und die Redaktionen, die bereits Fotos sowie entsprechende Nachrichten herausgegeben hatten, wurden aufgefordert, diese umgehend wieder von der Seite zu entfernen. Das bezog sich allerdings skurrilerweise ausschließlich auf die von ASUS und MSI im Bereich des Planet Reseller gezeigten Modelle, während ASRock und Biostar ihre jeweiligen Exemplare in den regulären Messehallen weiterhin unbehelligt zeigten, sodass wir von hier entsprechende Bilder präsentieren können. Während ASRock vor allem durch seine Overclocking-Show mit mehreren Szenegrößen hervorstach, konzentrierte sich Biostar auf die Fokussierung auf Mainboards für multimediale Einsatzzwecke (Purotone Hi-Fi).
Einige neue Netzteilreihen konnten wir ebenfalls ausmachen: Cooler Master präsentierte die neue, voll modulare V-Serie mit 80PLUS Gold Zertifikat und geräuschoptimierten Lüftern in Form von Modellen von 750 bis 1000 W, die auch extreme Multi-GPU-Gespanne unterstützen werden, sowie die preisgünstige B-Serie mit Modellen zwischen 500 und 700 W mit 85%iger Effizienz, jedoch ohne entsprechendes Zertifikat.
Einen sehr interessanten Prototypen hatte Enermax im Gepäck: Das erste komplett passiv gekühlte 650 W Netzteil, welches neben einem Gehäuse aus Aluminium ein vollmodulares Kabelmanagement sowie eine außerordentlich hohe Effizienz gemäß 80PLUS Platinum bieten wird und im Sommer dieses Jahres erscheinen soll.
Sonstige Produkte und Fundstücke
Ansonsten gab es eine ganze Legion neuer Eingabegeräte am Stand von A4Tech zu sehen - neben Tastaturen waren das vor allem zahlreiche Mäuse (deutlich mehr als hier bildlich dargestellt) aus der neuen bloody-Produktreihe für Spieler, die sich primär an Anhänger des FPS-Genres richten, aber auch ein Modell mit zusätzlichem Tastenblock im Bereich der rechten Maustaste für den Einsatz in MMORPGs wurde gezeigt. Allen Mäusen gemein ist die Möglichkeit zum Vornehmen weitreichender Einstellungen mittels der mitgelieferten Treibersoftware bis hin zur Möglichkeit, das Verreißen der Maus und scheinbar auch der Waffen im Spiel selbst bei schnellen Schussfolgen oder Dauerfeuer auszugleichen.
Viele Aktionen und Sehenswertes wurden ansonsten in Halle 23 bei den Intel Extreme Masters geboten, wo man wie gewohnt echten Profis beim Ausfechten virtueller Duelle über die Schulter schauen, bzw. auf Leinwändenfolgen konnte.
In dieser Halle erinnerte vor allem der Aufwand und Trubel am Stand von XMG mit gut gelauntem Moderationsteam, vielen Aktionen, Werbegeschenken und einem teilweise euphorisiert tobenden Publikums vor der Bühne an die CeBIT (aus Endkunden- und Normalbersuchersicht) zu Bestzeiten. Unsere Bilder entstanden noch früh am Morgen - ab den Mittagsstunden war die Hölle los!
Hier konnte auch ein aufwändiger Casemod im Karbonstil an Cooler Masters CM Storm Stand begutachtet werden, und eine besonders abgefahrene Variante des PCs zeigte Intel am Probespielstand zu Rocksmith - einem Spiel bzw. interaktiven Lernprogramm für angehende Gitarrenhelden oder Spieler mit einem Hang zu diesem Instrument (man könnte das Spiel als eine Art umfangreicheres Singstar für Gitarreros bezeichnen): Passend zu den dröhnenden Klängen von Bands wie Red Fang konnte hier mittels Epiphonegitarren als Eingabegeräten an optisch passend aufbereiteten PCs gespielt werden, die unter Mitwirkung der legendären Gitarrenverstärkerfirma Orange entstanden und somit in deren Combo-Verstärkern unter gleichzeitiger Bereitstellung von Verstärker und Boxen untergebracht wurden. Wer hier mutmaßt, deren Leistung könne nicht ausreichen, lasse sich gesagt sein, dass in Gitarristenkreisen bereits die kleinsten Verstärker des Herstellers als ausgezeichnete Brüllwürfel berüchtigt sind. Und diese Geräte waren nicht nur zu Demonstrationszwecken zusammengeschraubt worden, sondern sind mittlerweile über den Shop von Orange selbst zu erwerben.
Fazit
Wie muss also das Fazit zur Messe aus Sicht der Redaktion eines Magazins für PC-Hardware und aus Sicht der Leser lauten, für die wir schreiben (aus Sicht eines Herstellers mag eine solche Bewertung ganz anders aussehen)? Prinzipiell lohnt ein Besuch der Messe immer noch - es gab mehr Neuheiten zu sehen als erwartet und selbst wenn diese schon teilweise in Form von bebilderten Pressemeldungen im Vorfeld angekündigt waren, ist es doch immer wieder etwas ganz anderes, die Produkte direkt begutachten zu können. Aus Sicht eines normalen Besuchers wäre es allerdings wünschenswert, wenn die Hersteller sich nicht auf winzige Kabinen im Bereich des Planet Reseller oder bei den großen Distributoren zurückziehen würden.
Hier ist aber vor allem die Messeleitung gefragt - soll die CeBIT auch weiterhin Bestand haben, muss gezielter auf die Bedürfnisse von Endkunden und/oder auch Ausstellern und Fachbesuchern eingegangen werden, denn es sind nicht zuletzt auch die horrenden Standgebühren, die viele potentielle Aussteller fernhalten, da selbige für einen vergleichsweise hohen finanziellen Aufwand keine ausreichenden geschäftlichen Vorteile zu erwarten haben.
So, wie er derzeit vollzogen wird, funktioniert der Spagat der Messeleitung zwischen großer Show für Normalbesucher auf der einen und Fachkundenorientierung auf der anderen Seite nur sehr bedingt - die konzeptionelle Auslegung muss demzufolge entweder konkretisiert oder unter Beibehaltung der Mischkonzeption Ablauf, Organisation und Standmiete grundlegend überdacht werden, um nicht beide Seiten zu verlieren und der CeBIT wieder einen Teil des Zaubers zu verleihen, der sie einmal ausgemacht hat.